Dass eine Testfahrt mit einem 300 SL
im Straßengraben endete und 650.000 Euro Sachschaden verursachte, rang mir vor einigen Monaten nur ein müdes Schulterzucken ab. Bin ich etwa zu herzlos? Zu abgebrüht? Gar ignorant? Vielleicht von allem ein bisschen.
Besonders da ich weiß, in welchem Ausmaß die 300 SL-Klientel ganz selbstverständlich Werte vernichtet. Durch "Restaurierungen" nämlich. Paradebeispiel: Einer von 29 Leichtbau-SL, von dem der
Hemmings Blog erzählt.
Resurrection - Car Arrives at the Shop from
Rudi & Company on
Vimeo.
Der Erstbesitzer hatte den Wagen 1955 von seinen Eltern zum College-Abschluss geschenkt bekommen und fuhr ihn bis in die 70er Jahre. Dann scheiterte eine Reparatur am Antriebsstrang – und der SL blieb 40 Jahre lang in der Garage stehen. Außenrum sammelte sich Krempel an, Staub legte sich auf dem dunkelblauen Lack nieder.
Resurrection - Day 4 of Restoration from
Rudi & Company on
Vimeo.
Über verschiedene vermittelnde Instanzen gelangte der Wagen in die Fänge seines neuen Besitzers, der in Santa Monica zu Hause sein soll. Sicher wohlhabend, der Mann. Oder jedenfalls wohlhabend genug, um die sichtbare Geschichte des Wagens von einer Restaurierungsfirma komplett auslöschen zu lassen. Der schrittweise Niedergang ist in mehreren Videos gut dokumentiert. Wobei ich zugeben muss, dass ich das Trauerspiel nicht bis zum Schluss verkraftet habe...
Noch erzielen Hochglanz-SL Höchstpreise. Aber auch der Flügeltürer wird bald dem Trend zur Patina folgen müssen. Ob der Herr aus Santa Monica nicht nur wohlhabend, sondern auch langmütig genug sein wird, sich dann nicht zu sehr zu ärgern?