Donnerstag, 15. Februar 2018

Finger weg von Leinölfirnis und Klarlack!

Diesen Delahaye haben wir 2016 auf der Rétromobile gesichtet. Sein Besitzer meinte es gut – und zerstörte die originalen Oberflächen mit Leinölfirnis.
Sowohl auf unserer Facebook-Seite als auch per E-Mail werden wir oft nach der optimalen Konservierungsmethode gefragt. Unsere Antwort ist immer dieselbe: "Es kommt darauf an!"

Jeder Fall liegt anders, jedes Fahrzeug muss individuell analysiert und entsprechend der Ergebnisse bearbeitet werden. Das kann so weit gehen, dass für jede Komponente eine eigene Entscheidung über die Bearbeitung getroffen werden muss.

Wenn aber die Frage aufkommt, mit welchem Produkt eine original erhaltene, patinierte Oberfläche konserviert werden sollte, können wir schon konkreter werden. Denn hier gibt es eine einfache Grundregel: Alles, was aufgetragen wird, muss reversibel sein.

Das bedeutet: Es muss sich wieder entfernen lassen, ohne die originale Substanz zu schädigen!

Zwei Dinge sind deshalb DES TEUFELS, absolut unbrauchbar und ultimativ böse: LEINÖLFIRNIS und KLARLACK.


Jaguar E-Type S1 Roadster 4.2 litre 1967
Jaguar E-Type auf der Techno-Classica 2014. Der Wagen trägt Flugrost, glänzt aber speckschwartig – ein Indiz dafür, dass Leinölfirnis zum Einsatz kam.

Leinölfirnis wird gerne von Schreinern zur Behandlung von Möbeloberflächen verwendet, hat aber auf technischen Kulturgütern so gut wie nichts verloren. Zunächst mal trocknet das Zeug schlecht, wird nicht griffest, und zieht Staub und Dreck an – also genau das, was nach einer Reinigung vermieden und durch eine Konservierung verhindert werden soll. Darüber hinaus verbindet Leinölfirnis sich untrennbar mit der Oberfläche und erzeugt auch noch einen unnatürlichen, verfälschenden, speckigen Glanz.

Nahaufnahme eines mit Leinölfirnis behandelten Schutzblechs. Die Oberfläche wirkt geradezu "nass".

Klarlack steht in der Achse des Bösen gleich dahinter. Denn während er ebenfalls irreversibel ist und somit die Oberfläche zerstört, hat er auch noch die unangenehme Eigenschaft, über die Jahre gelbstichig zu werden. Und mit dem Korrosionsschutz ist es auch nicht weit her, da er diffusionsoffen ist und ein Unterrosten damit sogar begünstigt wird. Klarlack findet vor allem bei "Ratten" Verwendung – einer Spielart des Tuning resp. Customizing, bei der es nicht um Kulturgutpflege geht. Beispiele: Hier und hier.

Nun ist die Lage natürlich nicht völlig hoffnungslos. Wer anerkennt, dass ein patiniertes Fahrzeug kein Alltagsrutscher sein kann, sondern trocken geparkt werden will und stets besonderer Pflege bedarf, liegt schon mal völlig richtig. Nach gründlicher Reinigung die Roststellen mit Owatrol, und den Rest mit einem hochwertigen Korrosionsschutzwachs zu konservieren, hat sich in vielen Fällen bewährt. Doch während immer der Einzelfall gilt, ist eines in jedem Fall richtig: Dass Leinölfirnis oder Klarlack nicht auf patinierte Oberflächen gehören!

Sonntag, 11. September 2016

Endlich wieder eine Miele im Haus!



Ich pflege ja eigentlich keine besondere emotionale Bindung zu meinen Altfahrzeugen. Eine kleine Miele K52/2 allerdings ging nicht ganz spurlos an mir vorüber. Wirklich bewusst war mir das allerdings nicht.

Rückblende: Es muss vor ungefähr 25 Jahren gewesen sein. Ich war zarte 14 Jahre alt. Für alte Gerätschaften und Fahrräder interessierte ich mich bereits brennend, und so machte ich zu den damals noch paradiesischen Sperrmüllterminen die Stadt unsicher.

Man plant ja auch mit 14 schon voraus, und so konnte auch ich den 16. Geburtstag kaum erwarten, der ja irgendwie greifbar war. Dass ich keine 80er DT oder MTX fahren wollte, war mir damals schon klar.

Ich hielt also die Augen auf, und so lief sie mir zu, meine erste Miele K52/2 von 1960. Orange/ Schwarz, nicht wirklich komplett und nicht fahrbereit. Aber für mich sah sie aus wie von einem anderen Stern.

Die Tragik war, dass ich keine Ahnung hatte. Dass dem so war, ahnte ich allerdings nicht. Eine schlimme Kombination. Ich erinnere mich auch nicht mehr, wie gut die Miele war. Egal, sie wurde sofort auseinander gerissen und wild durcheinander gewürfelt.
Original bis ins letzte Detail, auch wenn man dem weiteren Verfall bestimmter Teile leider nur machtlos zusehen kann....



Der Rahmen musste neu lackiert werden. Ich meine mich heute zu erinnern, dass der Lack gar nicht mal schlecht war. Egal, sie sollte ja schön werden. Glänzender Lack und so. Also habe ich mit der Bohrmaschine und Stahlbürstenaufsatz entrostet und Lack entfernt. Ich bin dann mit dem vorderen Schutzblech zu einem alteingesessenen Farbengeschäft in der Altstadt getigert und wollte wieder einen Lack in dieser Farbe. Orange-Rot.

Nach ausführlichem Herumprobieren wurde ein viel zu roter Lack angemischt, den ich stolz mit nach Hause nahm. Dort angekommen, wurden die Blechteile gleich lackiert. Immerhin mit Kompressor und Spritzpistole. Da ich damals schon ein kluges Kerlchen war, hatte ich vorsorglich die weißen Zierlinen auf Rahmen und Kotflügel präzise mit Malerkrepp abgeklebt. So brauchte ich mich nicht um einen (damals unerschwinglichen) Linierer zu kümmern.

Die Linierung ist zwar eher nicht fligran, aber dennoch eine Sache für Spezialisten.

Also wurde lackiert. Alles schön rot-orange im falschen Farbton dick aufgetragen. Teilweise lief er, teilweise gab's Orangenhaut. Ach ja, und Staub natürlich auch.

Dann zog ich den Malerkrepp runter. Bei noch nicht ausgetrocknetem Lack. So sagte man mir. Genial! Lack war teilweise unter den Malerkrepp gelaufen, der neue Lack war gefühlt einen halben Zentimeter höher als die Linie... Naja, irgendwie hatte ich ja aber die Linien gerettet.

Man hatte mir einen Kunstharzlack angemischt, der nach 2 Wochen noch nicht so hart war, dass man ihn anfassen konnte. Genaugenommen ist er nie ausgehärtet. Egal, der Zusammenbau musste beginnen. Die Fingerabdrücke im Lack nahm ich billigend in Kauf...

Alle Armaturen und Griffe sind noch dran, wie 1960 ausgeliefert.

Die Miele wurde bald komplettiert. Der Tank war und blieb innen rostig, es waren zwei unterschiedliche Felgen und Reifen drauf, Der Schaltgriff war ein falscher, Kleinteile fehlten und der Motor lief nicht richtig. Vielleicht lag's an dem Rost im Tank, der immer den Benzinhahn verstopfte, oder daran, dass der Sachs-Zweitakter noch nie geöffnet worden war.

Der 50 ccm-Zweitakter ist ein Klassiker des deutschen Motorenbaus.

Ich war einerseits stolz auf die "Restauration" (heute weiß ich, dass es "Restaurierung" heißt), andererseits merkte ich, dass etwas nicht gut war. Ich war mit dem Lack und den Linien nicht glücklich. Dass die Miele nie richtig lief, wurmte mich außerdem. Sie wanderte in eine Ecke der Garage, wurde nie gefahren. Irgendwann mit 17 oder 18 verkaufte ich sie weiter. Mit einem flauen Gefühl, denn ich merkte, dass ich auf ganzer Linie versagt hatte.

Von alldem gibt es leider (oder zum Glück?) keine fotografische Dokumentation, und so ist das hier gezeigte Moped selbstredend ein anderes. 

25 Jahre später: Das verhängnisvolle Ebay-Surfen am Sonntagnachmittag. Nach vielen geglückten Projekten, und mit schönen alten Motorrädern gesegnet, sah ich sie, und es traf mich mit voller Wucht: Eine Miele K 52/2 von 1960. Mit original Kundendienstkarte, Betriebserlaubnis, und 6000km auf dem Tacho. Originallack, komplett, und nicht sonderlich gammlig, oder rostig. Genau die Farbkombination meiner guten, – äähm, ja, also: meiner alten Miele!

Original Kundendienstkarte und Betriebsanleitung – Jackpot!

Ich war innerhalb von Sekunden überzeugt, dass ich sie haben müsste. Ich fühlte, dass ich etwas wieder gut zu machen hatte...

Eine Woche warten, und am nächsten Sonntag bieten! Ich fieberte die ganze Woche darauf hin. Und ja, ich bekam den Zuschlag. Nach nettem Kontakt mit dem Verkäufer, der mir noch die Geschichte des Mopeds etwas erhellen konnte, kam es 10 Tage später per Spedition bei mir an.

Der Gesamtzustand legt nahe, dass die 6055 Kilometer auf dem Tacho original sind.

Es wirkt vertraut, und doch so befremdlich: Dieses Moped ist so viel besser als seine Schwester, die ich in den 90ern hingerichtet habe. Alles ist am richtigen Fleck, es hat sogar noch die originale Weißwandbereifung montiert, mit der es ausgeliefert wurde. Eine ware Zeitkapsel. Es fühlt sich an, als ob ein lange gesuchtes Puzzlestück endlich an seinem Platz sitzt.

Im Winter werde ich mich intensiv um die kleine Miele kümmern. Nicht mehr als nötig, aber wie immer so gründlich, wie es sein muss. Dazu gehört eine weitgehende Demontage und intensive Reinigung. Der Tank hat innen Flugrost, der Hauptständer fehlt, das Emblem auf der rechten Seite wurde irgendwann mal abgerissen.

Der Allgemeinzustand ist gepflegt, an vielen Stellen zeigen sich vor allem Materialalterung und Verschmutzung.

Alles wird penibel dokumentiert werden, alle Schrauben werden wieder genau an ihren Platz kommen. Sie bekommt neue Reifen, wobei die alten dunkel eingelagert werden.


Nicht mehr zum Fahren geeignet, aber ein unersetzliches historisches Dokument, das konserviert werden muss: Continental "CordBallon"-Reifen


Ein Moped in diesem Zustand ist eine ideale Ausgangsbasis für eine erhaltende Konservierung und Restaurierung. Und diese Miele K 52 wird sicherlich eine der am besten original erhaltenen sein. "The Real Deal" für jeden Liebhaber originaler Fahrzeuge.

Wie gut sie mit nur 6000 km auf dem Tacho wohl laufen wird? Alte Zweitakter laufen zwar immer irgendwie, doch noch habe ich keinen Startversuch unternommen, um keinen Schaden anzurichten. Zuerst muss der Zylinder runter, der Vergaser muss zerlegt und gereinigt werden, und die Zündung muss überprüft werden.

Habt ihr auch schon mal ein altes Moped gerettet? Zeigt's uns, wir sind neugierig!


Die Miele wartet nun auf den Winter – und auf ein neues Emblem für die rechte Seite des Tanks!

Sonntag, 8. November 2015

Wenn echte Patina zur Fälschung wird: Ferrari 500 Mondial

Bild: Classicdriver.com
Sonntag Abend: Da blättert man nichtsahnend durch den Classic Driver-Newsletter und dann das: Fotograf Rémy Dargegen, der die Fotos von der Baillon-Sammlung so meisterlich inszenierte, habe sich in die Patina eines Ferrari 500 Mondial verliebt, der (so ein Zufall!) im Dezember von RM Sotheby's versteigert wird.

Bild: ClassicDriver.com

Merkwürdig fleckig, dieser Wagen. Und der Text erklärt auch, warum: Schon 1955 (!!) war der Ferrari von seiner offenbar werksseitig aufgebrachten Lackierung in bleu de France in rot umlackiert worden. 2007 hat der Besitzer diesen roten Lack aber entfernen lassen. "Faszinierend" sei das Ergebnis, schreibt ClassicDriver.

Bild: ClassicDriver.com

Ja, es sieht tatsächlich toll aus. Doch faszinierend finden wir dabei nur eines: Dass hier zwar Patina erhalten, die Geschichte des Fahrzeugs aber trotzdem verfälscht wurde. Denn was auf Dargegens Bildern erkennbar ist, sind wohl vor allem die Schleifspuren der 1955er Lackiervorbereitung. Aller Sorgfalt zum Trotz wurde das Fahrzeug somit in einen Zustand versetzt, den es wahrscheinlich nur zu einem Zeitpunkt und an einem Ort hatte: in der Lackiererei, anno 1955. Und warum? Weil der neuzeitliche Besitzer es aus Geschmacksgründen so wollte, ungeachtet der Fahrzeughistorie.

Manchmal kommt es eben nicht auf die Patina selbst an, sondern auf den Umgang mit ihr.

Sonntag, 1. November 2015

Historisch zugespachtelt: Ein Patina-Fund in Frankreich

Fundstück auf dem Oldtimer-Teilemarkt in Lipsheim: NSU 201 OSL, wahrscheinlich Modell 1938.

Schon mal in Lipsheim gewesen? Nein? Dann wird's Zeit. Auf dem Teilemarkt im Elsaß tauchen jedes Jahr im September noch immer Preziosen auf. Natürlich mit überwiegend französischem Hintergrund – doch sind die Ausnahmen von der Regel denn auch ungleich spektakulärer.

Deutsche Vorkriegsfahrzeuge aus Osteuropa sind spätestens seit Öffnung der Grenzen nichts Ungewöhnliches mehr: Von der Wehrmacht militärisch genutzt, dann aufgegeben und von Privatpersonen repariert, zusammengeflickt, phantasievoll restauriert und bis in die 1980er Jahre mehr oder weniger benutzt – so lautet nicht selten die Geschichte.

Französischer Scheinwerfer mit Ampèremeter, kein Tacho



Wenig bekannt ist, dass viele deutsche Fahrzeuge nach dem Zweiten Weltkrieg auf ähnliche Weise auch in Frankreich überlebt haben – wobei natürlich auch die Möglichkeit besteht, dass schon vor dem Krieg das ein oder andere deutsche Neufahrzeug nach Frankreich verkauft wurde. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass es im Vorkriegsfrankreich opportun war, ein deutsches Fahrzeug zu fahren, aber vielleicht weiß ja unter euch Lesern jemand Genaueres hierzu?

In Lipsheim jedenfalls entdeckte ich diese NSU 201 OSL. Auf dem vorderen Schutzblech trägt sie noch ein französisches Nachkriegsnummernschild, und sie scheint noch recht original zu sein. Es müsste ein 1938er Modell sein.


Hier hat sich der stolze Besitzer verewigt. Plaketten wie diese finden sich an sehr vielen französischen Fahrzeugen

Die Maschine lief im Elsaß, wie auf einer Plakette zu sehen ist, die auf dem Tank vom französischen Besitzer angebracht wurde. Ganz im Stil der Zeit, mit allzeit beschützendem Christophorus. Aber: Die NSU wurde offensichtlich vor ihrer Weiterbenutzung nach dem Krieg gründlich überarbeitet und verändert.

Undefinierbare neue Farbe (graugoldbraun?!?) mit kunstvoll aufgebrachter Linierung
Die ganze Maschine wurde dick neu lackiert, so wie es aussieht von einem "alten Meister" mit Pinsel. Die Farbe ist indes undefinierbar: Sie hat braune, graue, goldene Anteile, scheint aus diversen Resten zusammengerührt worden zu sein. Umso überraschender ist der Befund einer sehr kunstfertig und sorgfältig aufgebrachten Linierung in hellgrün, die jedem Linierer zur Ehre gereichen würde. Irgendjemand wollte die kleine NSU wieder schön und vorzeigbar machen.

Ein anderer Scheinwerfer mit kleinem Ampèremeter und ein Rücklicht wurden verbaut (beide wohl aus französischer Produktion). Ein Tachometer scheint keine besondere Priorität gehabt zu haben.


Der interessanteste Befund war aber der Tank: Ab Werk verfügt er rechts und links über ins Blech gepresste NSU-Embleme (die sogenannten "Kaulquappen"). Der Verkäufer der NSU hatte diese wieder unter einer dicken Schicht Spachtelmasse entdeckt und freigelegt. Womöglich als besseres Verkaufsargument auf dem Markt.


Tatsächlich ist dieses Detail typisch für Nachkriegsfrankreich: Deutsche Marken oder Symbole wurden unkenntlich gemacht, wahrscheinlich um das Fahrzeug unauffälliger bewegen zu können. Ein Adler Trumpf aus meiner Sammlung lief zum Beispiel bis 1956 in Frankreich, jedoch ohne den charakteristischen Adler vorn am Kühlergrill: Er hätte die Franzosen wohl zu sehr an den Reichsadler erinnert. Dass der Adler-Adler bereits 1930/31 von Bauhaus-Gründer Walter Gropius gezeichnet worden war (bekanntlich alles andere als ein NS-Sympathisant), ist ja selbst in Deutschland kaum bekannt.

Vielleicht hat es aber auch mit der Buchstabenkombination NSU zu tun, die eventuell mit "NS" gleichgesetzt wurde und im Nachkriegsfrankreich einfach nicht tragbar war. Eventuell war die Angst des Besitzers zu groß, als ehemaliger Kollaborateur oder Sympathisant der Deutschen eingestuft zu werden, und mit kaschierten Emblemen würde die Maschine nur Spezialisten ihre Herkunft verraten.


Allzu gerne würde ich noch lebende Zeitzeugen befragen. Die Fahrzeuge, die wir aus dem Osten (Russland, Ukraine, Baltikum) kennen, tragen meist noch alle die deutschen Markensymbole. Oder mindestens einen Mercedes-Stern, selbst wenn sie mit dieser Marke gar nichts zu tun haben. Obwohl das Kriegstrauma, was die Wehrmacht im Osten verursachte, wohl kaum geringer als das in Frankreich gewesen sein mag, waren die Franzosen wohl besonders darauf aus, die Anwesenheit der Besatzer aus Alltag und Gedächtnis zu tilgen.

Die kleine NSU wäre ein ideales Objekt, um das Phänomen der übriggebliebenen deutschen Fahrzeuge im Nachkriegs-Frankreich zu dokumentieren. Hoffentlich wird sie nicht auf Neu geschminkt und ihrer historisch aufschlussreichen Spuren beraubt. Sie wäre ein sehr gutes Exponat für jedes historische Museum.

Kosten sollte sie übrigens 2800€. Als ich am Abend zurück zum Auto lief, war sie nicht mehr da. Verkauft...

Montag, 18. Mai 2015

Abgedreht: Die Patinatoren im Fernsehen!



Gefreut haben wir uns schon, als vor ein paar Wochen der SWR (für Nordlichter: Südwestrundfunk) anrief. In der SWR Landesschau Rheinland-Pfalz sollte ein Beitrag über uns laufen – über das Wie, das Warum, und die Wirkung, die unsere Restaurierungs-Philosophie auf Ottonormal-Oldtimerfahrer hat.

Nun ist die Landesschau ja beileibe kein Automagazin – im Gegenteil: Eingerahmt wurde "unser" Beitrag vom Weingut Geil und seiner hundertjährigen Paula, von einem 17-jährigen Filmproduzenten aus Katzenelnbogen, und einem bemerkenswert evangelischen Damen-Regionalgedichte-Singkreis aus dem Hunsrück. Soll heißen: Was wir Patinatoren tun und was wir wollen, muss einfach jeder kapieren können.

So gesehen finden wir das Ergebnis ziemlich gelungen!

Dass der Link zu unserer Seite wohl einfach vergessen wurde, vergessen wir einfach mal. Viel bedenklicher scheint uns, dass die O-Töne vom Opel-Treffen (unserer Meinung nach) nicht die tatsächliche Resonanz widerspiegeln: Es scheint, als sei das Filmteam mit dem Ziel angereist, eine klare Gegenposition zum Patina-Konzept einzufangen. Und die gibt es leider nicht – jedenfalls ist uns in Speyer niemand begegnet, der Franks Opel 1,3 Liter offen ablehnen würde.

Übrigens: Den patinierten Opel 1,2 Liter Lieferwagen sehr ihr demnächst hier wieder – wir waren auf dem Treffen schließlich in bester Gesellschaft.








Sonntag, 22. Februar 2015

Jetzt in AUTO BILD KLASSIK 3/2015: Tipps zum schonenden Ausschlachten und die GANZE Geschichte der Collection Baillon



Sie ist schon ein paar Wochen am Kiosk, doch sie hat's in sich: In der aktuellen Ausgabe 3/2015 von AUTO BILD KLASSIK seht ihr Die Patinatoren in Aktion!

Da Patinator Frank für sein Adler Trumpf-Projekt Teile brauchte, haben wir eine völlig kaputte Trumpf Jupiter-Limousine ausgeschlachtet – schonend und mit Bedacht, denn auch ein unrettbares Auto hat historischen Wert. Wie's geht, und was für Erkenntnisse wir aus der kontrollierten Schlachtung gezogen haben, lest ihr auf den Seiten 136 bis 141!


Über einige Hintergründe zur Collection Baillon haben wir hier auf dem Blog ja schon berichtet, doch auf den Seiten 88-97 gibt es nun die ganze Geschichte: Während sich andere Magazine entweder vor Artcurials Karren spannen ließen und Pressemitteilungen wiederkäuten, ist Patinator Frederik (im Hauptberuf Altauto-Journalist) extra nach Échiré gefahren und hat nachgefragt, was es mit der Collection Baillon wirklich auf sich hat. Und ob die Fotos, die Artcurial so nachhaltig um die Welt geschickt hat, nicht ein bisschen zu schön sind, um wahr zu sein...


Viel Spaß bei der Lektüre!


Sonntag, 15. Februar 2015

Originallack erhalten: Ein Restaurierungs-Fallbeispiel mit PinUp-Girl

Wir haben in letzter Zeit vor allem auf Facebook viel Lob für den Blog und unsere Posts erhalten – und das freut uns natürlich riesig! Vor allem aber wurde uns immer wieder die Frage gestellt, wie wir denn eigentlich konkret vorgehen, um Patina zu erhalten. Diesem Wunsch nach Aufklärung will ich mit diesem neuen Beitrag entsprechen; er zeigt keine Universal-Methode, sondern ein Fallbeispiel, denn jedes Patina-Projekt ist anders und verlangt nach Einzelfall-Entscheidungen.


Das ist meine kleine Adler M200 von 1953. Ich
habe sie mir wegen ihres schönen Original-
Zustandes gekauft. Das mag sich den meisten Oldtimerfreunden aufgrund dieser Bilder nicht gleich erschließen, weil sie doch etwas ramponiert aussieht – aber sie ist fast komplett, seit 1962 stillgelegt, und sie trägt ihren – zugegebenermaßen strapazierten und verwitterten – Originallack "Adler Fischsilberblau". Eine traumhaft schöne Farbe, die seinerzeit die Konkurrenz reichlich mit ihrem ewigen Weinrot und Schwarz recht altbacken aussehen ließ.


Eine Adler in diesem Blaumetallic und eben im Originallack zu finden ist reichlich schwer, da er damals natürlich teurer als schwarz war und sich schon zwei Generationen von "Restaurierungswütigen" über diese Maschinen hergemacht habem.
Ein alter Metalliclack hat seinen eigenen Charme. Er glänzt eher seidenmatt, hat ganz andere Metallic-Partikel als heutige Lacke. Vor allem aber handelt es sich um einen Einschicht-Metalliclack – den gibt es heute, zumindest in Deutschland, nicht mehr. Der Lack auf Wasserbasis muss mit hochglänzendem 2K Klarlack überlackiert werden, was erstens eine recht dicke Lackschicht bedingt, und zweitens einen speckschwartenartigen Glanz verursacht.


Das vordere Schutzblech ist verbeult, rostig und teilweise überpinselt
Auch der Tank hat teilweise hellblaue Pinsel-Farbe abgekriegt
Da nun dieses Motorrad noch mit Pappbrief und dem originalen Motor
ausgestattet ist und ich Potential in der Lackerhaltung erkannte, will ich nun anhand des vorderen Schutzblechs einmal demonstrieren, wie man in der Praxis mit altem, verwittertem und problematischem Lack umgeht, der zudem noch teilweise überpinselt ist.


Der Kotflügel sieht ziemlich mitgenommen aus und man erkennt, dass vorne links (in Fahrtrichtung) sich ein großer hellblauer Fleck fast über die ganze Seite erstreckt. Ebenso zeigt sich, dass mittig ein Aufkleber oder ähnliches mit einer markannten Silhouette angebracht war: die berühmte Veedol-Eisläuferin aus den 50er Jahren. Kurzum: Allzu rosig sieht die Sache zunächst nicht aus. Die hellblaue Farbe scheint eine Art Rostschutz zu sein, der auf eine Beschädigung aufgepinselt wurde; beim abtasten mit der Hand ist auch eine leichte Impression zu spüren, also ein kaschierter Schaden.




Der gleiche Befund lässt sich auch am Tank beobachten









Der erste Schritt ist natürlich die Demontage des Kotflügels vom Motorrad. Sorgfältig, als sei er frisch lackiert: Nichts verkratzen und nicht ohne eine weiche Unterlage auf den Boden legen! Der nächste Schritt ist eine gründliche Reinigung von außen und von innen mit reichlich warmem Wasser und etwas Spüli. Das ist ungefährlich und man erkennt erst mal genauer, was Sache ist.






Der Dreck der Jahrzehnte im Inneren des Kotflügels ist hartnäckig. Jetzt heißt es stark bleiben und nicht den Dampfstrahler einsetzen: Einweichen, befeuchten, mit einer weichen Spülbürste vorsichtig schrubben, und der Dreck geht ab. Wo er hartnäckiger ist, hilft auch ein Plastikspachtel, oder auch ganz feine Stahlwolle und viel Spüli. Durch den Schaum wirkt die Stahlwolle kaum abrasiv und das, was noch vom Originallack vorhanden ist, wird nicht entfernt.

Hier der Blick von hinten auf den Kotflügel. Er wurde beidseitig aufgebogen (eine gängige Veränderung bei diesen Adler-Maschinen), um das Spritzwasser abzulenken. Die Folgen dieses unsachgemäßen Umbaus sind ein Riss und abgeplatzter Lack. Auch hier wurde auf der rechten Seite mit der bereits bekannten blauen Farbe gewütet. Die muss irgendwie runter, sonst kann keine Aussage über die Lackerhaltung darunter gemacht werden.


Das Prozedere ist im Prinzip immer ähnlich, von Fall zu Fall jedoch sehr verschieden. Grundregel: Tastet euch vom sanftesten zum aggressivsten Reinigungsmittel langsam heran. Wenn ihr nicht sicher seid, dass sich der Lack mit eurem Mittel verträgt, dann prüft es an einer unsichtbaren Stelle, z.B. auf der Innenseite.
Ich habe mich zunächst für eine mechanische Entfernung der blauen Rostschutzfarbe entschieden, da ich bemerkte, dass sich der Lack bereits ablöst, bzw. absplittert. Da der Originallack offensichtlich nicht angeschliffen wurde, ist der hellblaue Lack keine strukturelle Verbindung mit ihm eingegangen.
Mit einem alten Plastiklineal lässt sich der aufgepinselte Lack abschaben

Was hier so einfach klingt und einfach aussieht, ist eine enorm zeitraubende Arbeit, die durchweg Konzentration erfordert. In diesem Fall saß ich gut zehn Stunden dran (in Worten 10, in Zahlen auch!), bis der ganze blaue Lack zerstörungsfrei runter war. 
Zuerst arbeitete ich mich mit dem Plastik-Lineal vor, dann mit feiner Stahlwolle nebst Wasser und Spüli, um den Farbschatten zu entfernen. Ganz hartnäckige Stellen habe ich mit einem stumpfen, kleinen Schlitzschraubenzieher bearbeitet. Im richtigen Winkel angesetzt, splittert der jüngere Lack einfach weg und gibt den darunter liegenden Altlack frei. Man muss ein Gefühl dafür bekommen.


Hier sieht man die Fortschritte des Lackentfernens. Es geht langsam voran, aber es scheint sich zu lohnen. Spaß macht es allerdings nur, wenn man darunter tatsächlich intakten Originallack findet...
Fast ist es geschafft: nur noch einzelne hartnäckige Lackinseln leisten hartnäckig Widerstand. Wolln doch mal sehn...
Hier das vorläufige Resultat. Der Lack auf der rechten Seite ist vollständig entfernt.

Hier ist der vorher/nachher-Effekt sehr gut zu sehen: Die Mühe hat sich gelohnt!










So, was macht nun unsere Eisläuferin am vorderen Ende? 

Bei genauerer Analyse zeigt sich, dass wir es hier
mit erschwerten Bedingungen zu tun haben. Zuerst wurde wohl in den 1950er Jahren, als die Maschine noch recht neu war, die Dame aufs Schutzblech appliziert. Dann wurde irgendwann eine Blessur mit der hellen Farbe überpinselt. Später wurde dann ein Wappenschildförmiger Aufkleber über die Beine der deutschen Pin Up-Lady geklebt und schließlich, als auch dieser nicht mehr schön war, alles mit einem blauen Metalliclack übersprüht.

Das alles deckt auch die originale, sehr feine Linierung ab. Hier heißt es besonders vorsichtig zu sein, denn eine Linierung ist sehr empfindlich und kann sehr leicht versehentlich beschädigt oder entfernt werden. Die hier angewandte Technik ähnelt zunächst der Stelle hinten. Mit dem Plastikspatel wird die helle Farbe so gut es geht abgekratzt. Doch den Sprühlack lässt er völlig kalt: Jetzt kommt Verdünnung ins Spiel. Ein vorsichtiger Test zeigt, dass Originallack und Linierung der Verdünnung standhalten – also ran!


Et voilà: Aufkleber und Sprühlack-Reste sind runter. Und – Überraschung! – die Füße der holden Eisläuferin sind auch noch da, nachdem der Aufkleber sie geschützt hatte! Ganz vorsichtig fahre ich fort, um nichts zu beschädigen, was ich erhalten möchte. Es ist jetzt auch klar zu erkennen, dass die Veedol-Dame ein klassisches Wasserabziehbild war: An der Stelle, an der sie der Witterung ausgesetzt war, ist sie einfach spurlos verschwunden – fast wie im wirklichen Leben...

Hier das fertige Resultat. Alles Fremde ist entfernt, bis auf die erhaltenswürdigen Reste des Pin Up-Girls, natürlich. Die helle Pinselfarbe sollte die Fehlstelle links abdecken, die durch einen Sturz o.ä. entstanden sein mag. Da hier kein Rost entstanden ist, können wir davon ausgehen, dass sie gleich nach der Abschürfung appliziert wurde. Der Metallic-Sprühlack sollte wohl die feinen Kratzer in der Mitte überdecken.

Fertig. Fertig? Nein – "so lassen" reicht nämlich nicht: Die Oberfläche muss noch konserviert werden, damit sie nicht korrodiert. Für die Innenseite habe ich mich für Owatrol-Öl entschieden: Es hat eine ausgezeichnete Kriechwirkung und stoppt so auch Rost an Stellen, die mechanisch nicht zu erreichen sind, z.B. an den Befestigungen. Aber: Viel hilft NICHT viel! Mit einem kleinen Pinsel ließ ich das Öl unter die Befestigungen laufen und mit einem Lappen habe ich das Öl auf den Flächen aufgetragen. In zwei bis drei dünnen Schichten, nach jeweiliger Abtrocknung.
Außen habe ich den so vorbereiteten Kotflügel dann gründlich mit einer guten Autopolitur (Lackreiniger) poliert. Hier bitte wieder darauf achten, dass man nicht die Linierung wegpoliert. Immer auf den Lappen schauen, ob er Farbe annimmt – falls ja, dann unbedingt langsam machen!

Stärkere Roststellen habe ich mit feiner Stahlwolle behandelt und danach mit Owatrol-Öl und dem Lappen DÜNN behandelt. Auf gut erhaltenem Lack und der blanken Stelle ist Owatrol sinnlos – es hält dort einfach nicht, sondern braucht einen angerosteten Untergrund um haften zu können!

Den rostfreien, blanken Rest habe ich mit einem Korrosionsschutzwachs behandelt, in diesem Fall Elaskon Aero 40 Special. Es hat sich bewährt.

BITTE BENUTZT KEIN LEINÖL ZUR KONSERVIERUNG!! Leinöl trägt dick auf, kriecht nicht, härtet kaum aus, und bildet eine gummiartige Oberfläche. Die Oberfläche wird nicht griffest, sammelt Dreck und Staub und wird schnell unansehnlich! Das Schlimmste aber: Leinöl lässt sich nicht mehr entfernen! Wachs hat diese Nachteile nicht – es muss nur ab und zu frisch aufgetragen werden.


Zum Abschluss seht ihr hier noch den gereinigten, konservierten und polierten Kotflügel, hinten wieder gerichtet, wie er im gereinigten Rahmen sitzt. Sieht es nicht schön aus, wie er würdevoll schimmert und von der Lackierkunst der 1950er Jahre erzählt, von aufregenden Fischsilberblaumetellic der Adlerwerke?

Ich finde schon. Gut, dass er so bleiben darf.