Im letzten Teil der Opel 1,3 Liter Restaurierung wurde zunächst einmal eine gründliche Bestandsaufnahme des Wagens gemacht, ohne ihn zu zerlegen; in diesem Zusammenhang hatte ich den Begriff "Survey" erwähnt, der aus der Archäologie stammt. Er bezeichnet dort die Bestandsaufnahme eines Monuments in Verbindung mit einer Reinigung der Oberfläche, Fotografie, Vermessung, zeichnen von Skizzen, Absammeln von an der Oberfläche liegendem Fundmaterial, etc. Wichtig: weggeräumt oder gar ausgegraben wird noch nichts!
Doch nun an's Eingemachte und ran an die Restaurierung/Reparatur/ Konservierung!
Hier nochmal ein anderes Bild des Opel, so wie ich ihn bekam. Das Vorkriegskennzeichen IID, was für die Pfalz steht, wurde nur fürs Photo drangesteckt. |
Zunächst begann ich damit, einige Anbauteile sorgfältig abzubauen. Selbstverständlich habe ich mehrere Tage lang Rostlöser einwirken lassen, um nach Möglichkeit keine Schrauben abzureißen. Ich schwöre dabei auf "Caramba" schon allein wegen des betörenden Dufts...Aber ich finde, es wirkt auch ziemlich gut.
Jeden Schritt des Zerlegens habe ich sorgfältig dokumentiert, also unzählige Bilder geknipst, Skizzen gemacht und ganz wichtig: ich habe mir Zeit dabei gelassen. Der größte Anfängerfehler ist wohl, das ganze Fahrzeug schnell auseinanderzureißen und alles in große Kartons zu werfen – ohne Rücksicht auf Verluste, sozusagen.
Dreiviertelvorderansicht mit bereits abgebauten Scheinwerfern und der unbrauchbaren Kühlermaske. |
Ich kann es überhaupt nicht leiden, wenn speziell an Vorkriegsfahrzeugen verzinkte Baumarktschrauben benutzt werden: z.B. M8 mit 13mm Schlüsselweite, statt original 14mm (oder M6 mit 10 statt 11, M5 mit 8 statt 9mm, usw.). Und ganz besonders wenn Kreuzschlitzschrauben verwendet werden, die es damals so (zumindest in Deutschland) noch nicht gab!
Wenn man sich beim Säubern mit den alten Schrauben eines solchen Autos beschäftigt, fällt einem auf, wie detailreich diese damals produziert wurden: Man sieht den Hersteller – meistens Verbus, Kamax oder Ribe – und den Härtegrad, der z.B. mit 8G angegeben ist, statt heute 8.8. Zum Säubern nehme ich gerne Petroleum. Ich gebe ein paar Schrauben in ein altes Marmeladenglas, fülle es halb mit Petroleum auf und schüttle es immer wieder. nach 1-2 Tagen sehen die Schrauben schon sehr sauber aus. Dann werden sie mit der Stahlbürste entrostet, auch gern mit der Zopfbürste an der Bohrmaschine, dann wird wenn nötig noch das Gewinde nachgeschnitten, und fertig sind die originalen Vorkriegsschrauben! Dann am besten gut einfetten und ab in den Beutel. Sicher, das ist ein relativ großer Aufwand, aber ich finde es lohnt sich – und man freut sich immer wieder, wenn man die beschrifteten 14mm Bolzen sieht – denn originaler geht's halt nicht!
Beispiel der Photodokumentation: Der Hauptbremszylinder gesäubert und in der Reihenfolge des Zusammenbaus ausgelegt. Das erspart später Kopfzerbrechen und Unsicherheit. |
So fortfahrend zerlegte ich den Opel mehr und mehr. Ein paar Rostlöcher kamen zum Vorschein, aber nichts dramatisches. Durch die Konstruktion mit einem tragenden Rahmen mit X-Traversen und der daraufgesetzten Karosserie entstehen weitaus weniger Hohlräume als bei selbsttragenden Konstruktionen. Es sind auch weniger Bleche übereinander punktverschweißt, so dass es meistens weitaus weniger Rostprobleme gibt.
Der Rahmen nach Entfernen der Bodenbretter
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Vorderer Teil des Rahmens bei noch eingebautem Motor |
Rechte C-Säule. Das Holz ist morsch und nicht mehr tragfähig |
C-Säule nach dem Raustrennen des morschen Holzes und Reinigung |
Um möglichst viel Substanz zu erhalten, habe ich nicht die hölzerne C-Säule nicht komplett ersetzt. Vielmehr reparierte ich sie so, wie es in einem Buch von 1950 geraten wurde ("Karosseriereparaturen neuzeitlich durchgeführt", von Hans Hinsberger, Krafthand Verlag): Die Säule wurde in einem sehr spitzen Winkel abgesägt, so dass nur gesundes Holz übrig blieb. Dazu eignet sich der Multimaster von Fein sehr gut, da damit sehr akkurate Schnitte bei eingebauter Säule möglich sind, ohne das Blech zu verletzten.
Dann wurde der morsche Teil in gut abgelagertem Eschenholz nachgebaut und immer wieder angepasst. Dann verleimt, mit Schraubzwingen festgepresst und 12 Stunden gewartet. Am nächsten Tag, nach Abnahme der Schraubzwingen, baute ich die hintere Tür wieder ein und richtete alles genau aus und verschraubte es. Die Karosse war auf einer Seite nun wieder stabil. So ging ich insgesamt bei drei Säulen vor. Bis heute halten sie ohne jegliche Probleme.
Durchrostung vor der linken A-Säule. Mit Nussfüllung... |
Als nächstes wurde der Motor mit Getriebe ausgebaut. Bei Vorkriegsautos ein leichtes Unterfangen. |
Bevor ich nun die Karosse abhob, wollte ich den Motor samt Getriebe ausbauen. Ich hätte auch erst die Karosserie abheben können, aber so kam ich besser an alle Schrauben ran. Nach dem Öffnen der Schrauben, die die Karosserie auf dem Rahmen halten, konnte ich nun bequem mit der Hebebühne die Karosserie abheben. Durch die Gemischtbauweise (Holz mit Blech) ist sie relativ schwer und wiegt beträchtlich mehr als z.B. ein Käfer-Häuschen. Außerdem besteht so nicht die Gefahr, dass jemand die Karosserie fallen lässt....
Bequemes und sicheres Abheben der Karosse mit Hebebühne |
Das war's erst mal wieder – im nächsten Teil wird es um die Sicherung der Originalsubstanz und den Erhalt von Patina gehen. Und dann werde ich von der Überholung der Technik, also Motor, Achsen und Bremsen erzählen. Welche Herausforderungen da auf mich zukamen und welche Kompromisse nötig waren, das lest ihr demnächst wieder an dieser Stelle!
WOW! Das riecht wirklich nach verdammt viel Arbeit! Respekt, ich hoffe ihr macht was schönes draus!
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